10. Byfogedskoven - Dänemarks nördlichster Buchenwald
Der Byfogedskov (Stadtvogtwald) liegt wie eine grüne Oase am Rand des Stadteils Versterby von Skagen. Der ca. 10 Hektar große Wald ist bekannt und wird genutzt, seit der Stadtvogt O. Chr. Lund 1802 ein Grundstück erwarb, das genau an der Stelle des heutigen Waldes lag. Der Stadtvogt erwarb das Eigentum von seinem Vorgänger, der ebenso wie Lund königlich ernannter Beamter war und als solcher die Funktionen des Bürgermeisters, Polizeimeisters und Richters in einem innehatte. Der Stadtvogt Lund war zudem Kommissar für Sandverwehungen. Lund hatte noch einen ganz anderen Titel, der für Skagen und die meisten dänischen Städte höchst ungewöhnlich war: Er war Sklaveneigner.
Die Geschichte vom Byfogedskov
Anfang des 19. Jahrhunderts strandeten viele Schiffe auf Skagens Gren. Der Strand bedeutete oft den Tod für die Schiffsmannschaften. Mitunter überlebten einige glückliche Seeleute und sie wurden in Skagen aufgenommen und versorgt, bis sie auf einem anderen Schiff anheuern konnten.
In einem Winter strandete ein amerikanisches Schiff vor Grenen. Der Kapitän überlebte und erhielt die Erlaubnis, bei dem Stadtvogt Lund zu wohnen, der sich über eine interessante Gesellschaft freute. Lund war so ergriffen von den Erzählungen des Kapitäns über den Einsatz von schwarzen Sklaven in den Südstaaten für den Anbau von Baumwolle, dass der Kapitän den ganzen Winter in Skagen bleiben durfte. Zwischen den beiden entwickelte sich eine enge Freundschaft und so waren sie traurig, als der Kapitän im Frühjahr weiterreisen musste.
Als der nächste Winter kam, sah der Leuchtturmmeister von Land aus, wie sich ein Schiff nach der Umrundung von Grenen ziemlich dicht der Küste näherte. Er rannte den Strand herunter und verfolgte neugierig die Fahrt des Schiffes, als die Mannschaft ein Beiboot, ein Ruderboot zu Wasser ließ und an Land ruderte. Auf dem Beiboot befand sich auch ein pechschwarzer Mann, der Jan Leton hieß und früherer Sklave von den Dänisch Westindischen Inseln war. Dieser Mann war ein Geschenk des amerikanischen Kapitäns an den Stadtvogt Lund als Dank für die Gastfreundschaft.
Jan Leton wurde Diener des Stadtvogts. Als Lund 1815 begann, sein Grundstück am Rand von Skagen zu bepflanzen, um die Sandverwehungen einzudämmen, half ihm Leton bei der Arbeit. Er pflanzte Tannen, Kiefern, Eschen, Pappeln, Weiden und Erlen.
Ob es Letons Verdienst war, dass der Wald bereits Mitte des 19. Jahrhundert stattlich herangewachsen war, ist der Geschichte nicht zu entnehmen. Aber der Wald hatte sich so prächtig entwickelt, dass H. C. Andersen und St. St. Blicher sich sehr über den üppigen Bewuchs mitten in den Sandbergen wunderten.
Viele Jahre später, im Jahr 1870 pflanzte man auch Schwarzkiefer und Waldkiefer in dem Wald an. Diese beiden Arten sind heute die ältesten Bäume im Wald. In den 1880er Jahren wurde dann eine große Gruppe Buchen auf dem Grundstück am Byfogedgård angepflanzt. Diese Bäume stehen immer noch und sind Dänemarks nördlichster Buchenwald.
Seit damals ist der fruchtbare Buchenwald ein Ziel für die Kinder der Stadt, Jogger und Spaziergänger geworden, die mit ihren Hunden Gassi gehen. Im Frühjahr ist es hier besonders schön, wenn die Buchen treiben und die Windröschen mit ihren weißen Blüten im Waldboden aufblühen.
Der Wald litt viele Jahre ab Mitte des 20. Jahrhunderts an Wassermangel. Die Stadt hatte sich rund um den Wald erweitert, was zu einem Absenken des Grundwasserspiegels und einem Austrocknen der Plantage führte. Nach den sehr trockenen Sommern 1975 und 1976 erkannte man, dass zur Bewahrung dieser Oase im Dünensand eine künstliche Bewässerung erforderlich war. Ab 1979 wurde das Gebiet dann künstlich bewässert, und zwar durchgängig bis 2004. Ab da war die Bewässerung nicht mehr länger nötig.