Nordbornholm und Hammershus – rund ums Jahr

Frühjahr

Bereits Anfang März, noch bevor der Winter die Insel fest im Griff hat, kann man die Wanderfalkenpaare auf ihrem Zug zu geeigneten Nistplätzen auf den Vogelbergen Bornholms beobachten.
De ersten örtlichen Kohlmeisen beginnen pfeifen. Die Alks kehren in die Brutkolonie an der Mulekleven zurück, die unansehnlichen Frühlings-Hungerblümchen blühen auf der Klippenheide und Zugvögel wie Kraniche, Schwäne und Seetaucher fliegen auf ihrem Weg zu den Brutplätzen im Norden an Hammerodde vorbei.

Wenn die Sonne in ihrer vollen Pracht erscheint, erwachen die Ritterwanzen aus ihrem Winterschlaf in der Erde. Sie brauchen ein paar Tage in der Sonne, um sich aufzuwärmen, daraufhin paaren sie sich.

Spät im März wandern die Erdkröten zu ihren Bruthöhlen und erst im April erwachen die Kreuzottern aus ihrem Winterschlaf. Dann blühen die Buschwindröschen und der Lerchensporn am Waldboden und bald sitzen alle Vögel auf ihren Eiern – außer denen, die schon Junge bekommen haben, wie beispielsweise die Raben.

Der Zug nach Norden hält lange an. Die Vögel, die von Insekten leben, müssen mit der Heimkehr warten, bis die Temperaturen im Norden soweit gestiegen sind, dass auch sie brüten können. Viele Vögel ziehen über Nacht und besonders bei halbschlechtem Wetter kann die Gegend um Hammerodde voller kleiner Vögel wie Dorngrasmücken und Rotkehlchen sein, die ihren Tag mit Fressen verbringen, bis in der Nacht darauf der nächste Zug nach Norden erfolgt. Die Nachtzüge setzen sich bis in den Mai fort.

Im Mai blüht das männliche Knabenkraut und Holunder-Knabenkraut auf dem Hammerknuden.

Sommer

Im Juni gibt es Junge in den Silbermöwenkolonien. Beim Opalsøen kann man der Kolonie ganz nah kommen und beobachten, wie die kleinen fleckigen und noch nicht flugfähigen Jungen die Welt erkunden.

In den Teichen sind die Kaulquappen der Erdkröten zu kleinen Kröten herangewachsen. Sie sind nun bereit, aufs Land zu wandern, um dort den Rest des Jahres zu verbringen. Tagsüber ruhen die Kröten, nachts jagen sie Würmer, Schnecken, Käfer, Spinnen und alles, was sie in ihre Mäuler bekommen.

Die Rehe bekommen ein bis zwei Junge, die Kitze aus dem Vorjahr sind erwachsen geworden. Die Rehe haben sie fortgejagt, als die Kitze im Mai kamen, und nun müssen sie alleine zurechtkommen, nachdem sie ein Jahr lang treu an der Seite ihrer Mütter verbracht haben. Wenn man sie zu dieser Zeit trifft, machen sie eventuell einen etwas ratlosen Eindruck.

Die Fledermäuse jagen in der Dämmerung. Sie sind an vielen Orte auf Nordbornholm zuhause, besonders in Wassernähe.

Auf Nordbornholm gibt es viele unterschiedliche Fledermausarten, um genau zu sein 9 der 13 in Dänemark gefundenen Arten. Einige, wie etwa die große Wasserfledermaus, kann man mit dem bloßen Auge erkennen, um jedoch genau zwischen den anderen Arten unterscheiden zu können, muss man ein Schallmessgerät mitbringen, um ihre Geräusche aufzuzeichnen.

Im Laufe Juni lernen die jungen Wanderfalken das Fliegen. Man kann sie dabei beobachten, wie sie Flugübungen ausführen, bei denen sie erst die Technik erlernen und danach Beute von den erwachsenen Vögeln in der Luft entgegennehmen. Danach feilen sie an ihrer eigenen Jagdtechnik und sturztauchen nach Schwalben und anderen kleinen Vögeln.

Von Juni bis Juli blüht das fleischfressende rundblättrige Sonnentau in Feuchtgebieten. An ihren Blättern befinden sich Drüsenhaare, an deren Ende eine Art „Tau“ sitzt, eine klebrige Substanz, mit denen Insekten und Kleintiere gefangen werden. Das „Tau“ wird auch dafür eingesetzt, die weichen Teil der Tiere aufzulösen, so dass nur deren Skelett zurückbleibt. Der Rest des Tieres wird verflüssigt und läuft in das Blatt herunter, wo es vom Sonnentau aufgenommen wird.

Im Juli sind die Silbermöwen flugfähig und das Federkleid der Alk-Jungen ist wasserdicht geworden. Wenn sie groß genug sind, verlassen sie die Brutkolonie auf dem Vogelberg. Dies erfolgt oft nachts nach Sonnenuntergang, um den bissigen Silbermöwen und anderen Raubtieren zu entgehen. Außerhalb der Brutsaison leben die Alks in der Ostsee und in den dänischen Binnengewässern, wo sie nach Sprotten tauchen.

Wenn die Schwalbenwurz blüht, kann man den schwarzroten Ritterwanzen dabei zusehen, wie sie ihren Saft saugen. Der Saft ist für andere Tiere giftig, scheint jedoch das einzige zu sein, was die Ritterwanzen zu sich nehmen. Auch die Fortpflanzung der Ritterwanzen steht mit der Schwalbenwurz in Verbindung.

Im Hochsommer und bis in den frühen Herbst ist Hochsaison für Insekten und andere Kriechtiere, und das bedeutet viel Futter für Fledermäuse, Erdkröten und die Vogeljungen des Vorjahrs. Alle müssen sie sich vor dem Winter ein Polster anfressen. Dies gilt für die Tiere, die Winterschlaf halten, die nach Süden ziehen oder auch die, die der Dunkelheit und Kälte daheim trotzen.

Im Ravnedal profitiert auch die Tapezierspinne vom Insektenüberschuss. Die Tapezierspinne ist die größte Vogelspinne Dänemarks. Die Spinne ist schwer zu entdecken, denn sie spinnt ein Seidenrohr über der Erde und verbringt ihr gesamtes Leben darin. Die Tapezierspinne frisst Käfer und andere Insekten, die sich am Seidenrohr vorbeibewegen. Die Spinne wird so genannt, weil sie die Innenseite des Rohrs mit Seide tapeziert, um sich darin vollständig geräusch- und reibungslos bewegen zu können, damit Beutetiere nicht merken, dass sie drauf und dran sind, in eine Falle zu tappen. Wenn sich die Beute in der Nähe befindet, schießt die Spinne heraus und zieht die Beute mit ihren Giftklauen in das Rohr, das sie nachher mit Seide wieder repariert.

Im August frisst die Kreuzotter ihre Jungen bei lebendigem Leibe...zumindest sieht es so aus. Die Kreuzotter ist ein Kriechtier und legt Eier, die Eier werden jedoch im Magen der Mutter ausgebrütet, daher sieht es so aus, als ob die Jungen lebendig verspeist. Dieser Bruttyp beruht darauf, dass die Kreuzotter an den kalten Norden angepasst ist, wo die Sonne nicht genug Wärme spendet, um die Eier im Freien auszubrüten.

Bald sind die Blaubeeren reif und das Heidekraut wächst.

Herbst

Im September ins das Heidekraut lila und der Himmel besonders blau. Klippen und Wasser erhalten die Sonnenwärme, die sie im Sommer aufgesaugt haben, was man spürt, wenn man sich am Hammerknuden oder in der Slotslyngen aufhält. Der September auf Bornholm ist oft lau und spätsommerartig. Das Licht verschwindet jedoch, während die Früchte reifen, und die ersten Vögel beginnen ihren Zug nach Süden.

Am Äquinoktium sind Tag und Nacht gleich lang. Die Holunderbeeren sind reif und bald gibt es Früchte und Nüsse. Noch immer sind Insekten, viele Mäuse und kleine Vögel sowie Tierjunge unterwegs. Nun müssen die Tiere ihren Speicher auffüllen. Die Rehe bekommen ein Fettpolster an den Beinen und wechseln in ihren Winterpelz. Die Kreuzotter und die Erdkröte bereiten sich auf das Winterlager vor, Kraniche und viele andere Brutvögel ziehen in ihre Winterquartiere im Süden und Südwesten.

Im Oktober lassen die Bäume ihre Blätter. Nun setzen die ersten Herbststürme und der erste Nachtfrost ein.

Winter

Die Erdkröte hat sich in die Erde eingegraben, um dort Winterschlaf zu halten. Die Kreuzottern haben sich nach Möglichkeit in alte Mäuselöcher zurückgezogen, die einen halben bis einen Meter unter der Erde liegen, um ebenfalls dort ihren Winterschlaf zu halten. In einem solchen Loch können bis zu 100 Schlagen verweilen.

Für die Tiere und Vögel, die ihren Winter wachend oberhalb der Erde verbringen, beginnt der Kampf ums Überleben, der darin besteht, so viel wie möglich zu fressen und zu wenig Energie wie möglich zu vergeuden. Viele von ihnen haben im Frühling und Sommer viel ihrer Kraft dafür aufgebracht, sich Territorien zu erkämpfen, nun kann man sie Seite an Seite sehen – die Rehe auf dem wintergrünen Waldboden, die Vögel in Scharen.

Für Vögel bedeutet der Aufenthalt in Scharen Sicherheit, da mehrere Augenpaare mehr sehen als eins, außerdem gestaltet es sich für Raubtiere schwierig, Vögel zu fangen, wenn diese aufgeschreckt und lärmend in alle Richtungen fliegen. Die Rabenvögel sind den ganzen Tag über auf Futtersuche, zum Abend hin finden sich immer mehr kleinere Gruppen zusammen, um zu übernachten. 

Während die meisten Tiere entweder schlafen und sich darauf konzentrieren, den Winter zu überleben, wartet die nächste Generation Grottenspinnen im Butterkeller auf Hammershus. 200 bis 300 winzig kleine Spinnen sitzen zusammen in jedem der tropfenförmigen Nester, die an kräftigen Seidenfäden von der Decke hängen. 

Die Grottenspinnen leben an dunklen, feuchten Orten wie Kellern, alten Brunnen oder Klippenhöhlen, wo die Temperatur stets bei 7 - 8°C liegt. Sie fressen Landasseln, Käfer und alles, was sich an den Grottenwänden finden lässt. Dazu gehören auch Schnecken, was für Spinnen ungewöhnlich ist.

Die Eier in den Eiersäcken werden im Hochsommer gelegt und bis in den Spätsommer und den frühen Herbst entwickeln sich die kleinen Spinnen in den Säcken, während ihre Mutter sie bewacht. Die Jungen hängen bis in den Frühling geduldig in den Säcken.

Wenn es soweit ist, brechen sie durch den Sack und bewegen sich zum Licht am Ausgang des Kellers oder der Grotte. Die jungen Spinnen werden nämlich vom Licht angezogen, ganz im Gegensatz zu den alten, die das Halbdunkel bevorzugen. Dies tun die Jungen vermutlich, da es ihnen die Möglichkeit bietet, sich zu verteilen. Sie ziehen in die Frühlingssonne, um neue dunkle Lebensorte zu finden.