10. Hammershus

Der Weg hinauf zur größten Burgruine Nordeuropas führt über die Schlossbrücke weiter den alten mittelalterlichen Weg aufwärts. Dem gleichen Weg sind Könige und Erzbischöfe, Ritter in Rüstungen, Burgfrauen und Jungfern, Knappen, Wachen, Küchenmädchen und sämtliche anderen dienenden Geister gefolgt, als die Burg noch intakt war. Ausgenommen hiervon waren die Klein- und Großverbrecher, die vor Gericht mussten und eventuell im Gefängnis im Hundeturm eingesperrt wurden. Die zum Tode Verurteilten verbrachten ihre letzten Tage mit Aussicht auf den Galgenberg auf der darunterliegenden Klippe.
Zur Burg gab und gibt es nur einen Eingang. Das Schloss wurde genau hier gebaut und ragt unerreichbar auf dem Klippenplateau in 70 Metern Höhe über dem Meeresspiegel hervor, um Eindringlinge fernzuhalten. Dies ging leider nicht ganz auf, denn das Schloss wurde mehrmals belagert und erobert.
Neueste archäologische Untersuchungen zeigen, dass Hammershus ungefähr um das Jahr 1300 gebaut wurde. Die Burg wurde von der Kirche errichtet und es ist zu vermuten, dass Erzbischof Jens Grand aus Lund, das zu dieser Zeit Teil Dänemarks war, Bauherr der Burg war. Seit Hammershus errichtet wurde, war sie ein Spielball der ewigen Fehde zwischen Kirche und Königtum. Die Burg wechselt ab und zu ihren Besitzer, ab 1522 blieb sie jedoch in fester Hand der Kirche. Zuerst waren deutsche Kaufmänner, dann die Lehnsmänner der dänischen Könige Burgherren. Für eine kurze Zeit war die Burg auch in schwedischer Hand.
Das Schloss Hammershus beherbergte außer der Gefolgschaft und den Soldaten einen Dom und ein Gefängnis und wurde zur Lagerung von Schätzen genutzt, die die wechselnden Machthaber von der gewöhnlichen Bevölkerung forderten. Daher war Hammershus für die Bornholmer kein beliebter Ort.
Die Burg wurde mehrmals umgebaut und erweitert. Die ältesten Teile der Feldsteinmauern unten im Mantelturm stammen aus dem frühen Mittelalter. Die Steine waren vermutlich Pflastersteine, die von den örtlichen Bauern in Zwangsarbeit gesammelt wurden. Sie mussten hart arbeiten, um ausreichend viele Steine mit komplett flachen Seiten zu finden. Obwohl schon im Mittelalter bekannt war, wie man Granit bricht und schlägt und obwohl die Mauern sehr ähnlich aussehen, konnte an der gesamten Burg kein einziger Stein gefunden werden, der Schlagspuren aufweist! Die Mauern wurden errichtet und mithilfe von Mörtel vor Ort gebrannt, unter anderem unter Verwendung von Kalkstein aus Aakirkeby.
Als Kanonen Mitte des 16. Jahrhunderts üblich wurden, verlor die Burg ihre Verteidigungsfähigkeit und dadurch auch ihre militärische Bedeutung. Daraufhin wurde die Burg zu einem staatlichen Gefängnis und zum Stützpunkt der Inselgarnison umfunktioniert. Die prominentesten Gefangenen waren zweifelsohne Leonora Christine und Corfitz Ulfeldt – die Tochter von König Christian IV. und ihr Mann. Ulfeldt war in den Nordischen Kriegen der vorausgehenden Jahre auf schwedischer Seite und wurde daher als Landesverräter eingesperrt. Das Paar war von 1660 bis 1661 im Mantelturm von Hammershus eingesperrt, abgesehen von einem Fluchtversuch, bei dem sie sich an zusammengebundenen Laken aus dem Turm abseilten. Sie kamen bis zum Meer in Sandvig, wo sie erkannt und wieder gefangengenommen wurden.
1743 wurde Hammershus vollständig aufgegeben. Bereits im selben Jahr wurden Materialien aus dem Schloss abtransportiert, um die Hauptwache zu errichten, das neue Wacht- und Arresthaus in Rønne. Danach verfiel die Burg und wurde anschließend zu einem Ort, an dem sich ein jeder Baumaterialien beschaffen konnte. Als das Schloss im Jahr 1822 endlich unter Denkmalschutz wurde, war es bereits eine Ruine. Heutzutage wird die Ruine fortlaufend und umfassend renoviert, da das Mauerwerk fortwährend von Wind und Wetter zersetzt wird.
Dank einer großzügigen Spende des A.P Møller og Hustru Chastine Mc-Kinney Møllers Fonds für allgemeine Zwecke ist derzeit ein größeres Restaurierungsprojekt im Gange. Über die Restaurierung hinaus hat der Fond auch für ein neues Besucherzentrum am Klippenhang des Mølledalen oberhalb der Burgruine gespendet.
Hier erfahren Sie mehr über das Projekt (auf Dänisch)
Im Zuge der langen Geschichte der Burg haben deren Bewohner Pflanzen gepflanzt, die als Nahrung und Medizin genutzt wurden. Viele der Pflanzen wurden von Mönchen im Mittelalter eingeführt und einige von ihnen wachsen noch heute auf Hammershus, wie etwa Schwarzes Bilsenkraut, Wermut und Echter Beinwell. Diese werden als lebende Denkmäler bezeichnet, von denen es bei Hammershus etwa 50 unterschiedliche Arten gibt.
Hier erfahren Sie mehr über die Flora der Hammershusklippe (auf Dänisch)
Darüber hinaus sind Hammershus und die umgebenden Hänge Heimat so vieler unterschiedlicher Pflanzenarten, dass dieser Bereich um Hammershus als einer der artenreichsten in ganz Dänemark gilt.
Auf der Burg finden Sie Schilder mit Informationen über die einzelnen Gebäude und Funktionen.